Habt ihr schon einmal von Cluster Feeding gehört?
Wenn ich eine Sache rückblickend wirklich aus der Anfangszeit mit Baby für mich dazu gelernt habe, dann ist es, dass man sich ruhig nen Ticken mehr entspannen sollte und der Natur seinen Lauf lassen sollte. Irgendwie hatte ich häufig das Gefühl, ich müsse Dinge regulieren und eintakten, sei es beim Schlaf oder beim Stillen. Und klar: irgendwann ist ein Rythmus sehr praktisch und für alle Seiten von Vorteil, wenn man Nachts keine Lust auf Baby Party hat. Aber Entspannen hin oder her: beim Stillen wurde ich anfangs absolut an meine Grenzen gebracht. Der Grund war zum Abend hin quasi Dauerstillen, phasenweise auch tagsüber. Meine Hebammen haben mir dann erstmals erklärt, dass es bei vielen Säuglingen das Phänomen Cluster Feeding gibt. Na danke schön…
Wie alle Eltern schon am ersten Tag nach der Geburt lernen: Ausnahmen bestätigen die Regel.
Mit Dauerstillen meine ich, dass der Kleine teilweise im 10 bis 15 Minuten Takt nach der Brust verlangt hat. Und glaubt mir: anders war Monsieur nicht zu beruhigen. Der Grund liegt in seinem Köpfchen verborgen. Das Hormon Cholecystokinin oder CCK, das dort ausgeschüttet wird, regelt sein Hungergefühl.
Normalerweise läuft das bei Babies so ab: Das kleine Säuglingsbäuchlein hat noch kein sonderlich großes Fassungsvermögen. Nach etwa 90 Minuten gilt eine Mahlzeit im Schnitt als voll verdaut. In der Regel ergeben sich daraus mit den Schlafpausen etwa Stillabstände von 2 bis 3 Stunden, dann meldet sich auch der Hunger wieder, sprich der CCK Wert ist niedrig. Aber wie alle Eltern schon am ersten Tag nach der Geburt lernen: Ausnahmen bestätigen die Regel.
Als junge Mama fühlte ich mich anfangs im wahrsten Sinne des Wortes ausgelaugt
Cluster Babies sind solche Ausnahmen von der Regel. Zum Abend hin sagt ihnen ihr Köpfchen, also beziehungsweise die Hormondrüse, dass sie riesen Hunger haben. Der Speicher für die Nacht soll aufgefüllt werden. Angeblich um dann lange und tief zu schlafen (entschuldigt an der Stelle ein müdes Lachen). Die Kleinen trinken also wie wild. Nach etwa 15 bis 20 Minuten Powersaugen meldet das Hormon Cholecystokinin: SATT! So weit, so gut – würde der Hormongehalt nicht schon nach zehn Minuten wieder sinken und Alarm schlagen. Das kann sich mitunter Stunden hinziehen. Als junge Mama fühlte ich mich anfangs stellenweise im wahrsten Sinne des Wortes ausgelaugt. Ich konnte nicht fassen, dass der kleine Zwerg ständig trinken will. Zumal er dann ja auch in Folge Bauchweh bekam. Irgendwie war der Wurm drin. Das Ganze verlagerte sich dann teils in den Tag hinein. Dauerdurst vs. Bauchweh. Der Rat der Hebammen: Stillen nach Bedarf! Entspann dich! Der Rat der Hausärztin: Längere Stillpausen! Vielleicht sogar Tee dazwischen geben?
Unser Bauchgefühl sagte uns letzten Endes, dass wir seinen Bedürfnissen nachgehen sollten und weniger verkrampft an die Sache rangehen sollten. Dann hat er eben häufig Durst. Ich nutzte die Stillphasen um die Füße hoch zu legen, soweit es ging. Während des Stillmarathons hab ich ganze Bücher gelesen (es sollte für längere Zeit das letzte Mal gewesen sein, dass ich in Ruhe lesen konnte). Ich hab die Tatsache plötzlich angenommen, statt mich dagegen zu erwehren. Durchgeschlafen hat er trotzdem nicht. Aber alle konnten ein wenig durchatmen. Frieden. Und schon nach einiger Zeit haben sich die Stillabstände von ganz alleine verlängert, man stelle sich vor.
Dass diese Antwort letzten Endes so simpel ist, hätte ich gerne schon früher verstanden.
Jetzt im nachhinein kann ich mir ein bisschen besser erklären, was da los war. Er hat es einfach gebraucht. Dass diese Antwort letzten Endes so simpel ist, hätte ich gerne schon früher verstanden. Fachliteratur hin oder her. Das Cluster Feeding hatte eine erkennbare Wirkung. Der Kleine ist in diesen wenigen Wochen erst ein kleines Moppelchen geworden um all diese Energie dann in Körperlänge zu investieren. Er ist regelrecht in die Länge geschossen. So ist das eben.
Wie lange haben Babies diese fiesen Phasen? Ganz ehrlich: wer euch hier etwas verspricht, der erzählt mit großer Wahrscheinlichkeit Märchen. Jedes Kind ist anders, hat andere Bedürfnisse, ein anderes genetisches Programm, wächst zu einer anderen Jahreszeit auf (heisser Sommer = mehr Durst) und ist eben schlicht und ergreifend unvergleichlich. Eine weitere Sache aber habe ich rückwirkend ebenfalls mitgenommen: Phasen gehen vorbei. Versprochen.
Mein Tipp an euch: abendliches Dauerstillen aka Cluster Feeding ist nicht ungewöhnlich. Macht euch deswegen bitte keinen Stress. Das geht vorbei. Irgendwann. Auch wenn es sich erstmal anfühlt wie die Unendlichkeit. Trotzdem: wenn ihr unsicher seid, sich das Dauerstillen auch in den Tag verlagert oder ihr das Gefühl habt, euer Kleines nimmt nicht oder nur wenig zu, dann zögert nicht und fragt eure Hebamme, Stillberatung oder Kinderärzt*innen um Rat. Dafür sind sie ja da.
Noch mehr Infos findet ihr online hier:
http://www.entspanntstillen.de/
https://www.hebammenverband.de/familie/stillen/
5 Comments
Gut,dass du Hebammen hattest, die dir das erklärt haben! Viele Mamas stillen dann ab oder füttern zu, was nicht nötig wäre.
Ja, ich war wirklich wahnsinnig dankbar für die liebevolle Unterstützung und die intensive Betreuung. Das ist ja leider immer weniger selbstverständlich, angesichts der angespannten Situation der Hebammen… 🙁
[…] im Arm zu haben. Was ich nicht vermisse: seine fiesen Koliken, unberechenbare Windelexplosionen, wunde Brustwarzen, das „Angehängt sein“, die Ängste und Unsicherheiten, wenn das Zwerglein scheinbar […]
[…] mir vorher auch wirklich nicht so bewusst war: Auch in Sachen Stillen ist der Start alles andere als ein Selbstläufer. Ich hatte ja immer vor Augen, dass das schon […]
[…] Schon bei Kind Nummer 1 hat mich die Stillerei auf Trab gehalten. Das Sommerkindchen hat geclustert. Dazu hab ich schon einmal etwas geschrieben. […]