Wochenbett: Aller Anfang ist schwer – und das ist okay so

28. März 2017

Vorher habe ich mir eigentlich nichts dabei gedacht.  Es ist nicht so, dass ich vollkommen naiv war. Ich habe mir die ersten Tage mit einem Neugeborenen nicht so vorgestellt, wie es uns die perfekten Instagram Bilder, die immer lachenden Familien im Fernsehen vortäuschen.

Vielleicht ein kleines bisschen hat mein Hormon geduschtes, hochschwangeres Ich die Zukunft trotzdem durch einen rosa, weichgezeichneten Filter gesehen.

Die Wahrheit ist: auch ohne die schwere Geburt, die Neugeboreneninfektion und unseren verlängerten Krankenhausaufenthalt war der Start nicht so intuitiv, so easy peasy, wie ich mir das gedacht habe.

Aller Anfang ist schwer

Zunächst mal fiel es mir so schwer, nicht ständig alles messen und kontrollieren zu können. Auf der Neugeborenenintensivstation war das ein Muss. Fast stündlich wurde die Temperatur des kleinen Mäuschens gemessen, jeder Pups im Protokoll vermerkt. Fast eine Woche lang lief das so. Die Daten zu messen und sich demnach zu erklären, ob es dem Kind gerade gut geht, das war mein Weg ins Muttersein. Zuhause dann plötzlich alles anders. Hebammen, die versucht haben mir zu versichern, dass alles okay ist. Dass man nicht jeden Tag wiegen muss. Und Fieber messen schon gleich gar nicht.

Von der inneren Anspannung zu mehr Gelassenheit zu kommen war eine der größten Herausforderungen für mich.

Was mir vorher auch wirklich nicht so bewusst war: Auch in Sachen Stillen ist der Start alles andere als ein Selbstläufer. Ich hatte ja immer vor Augen, dass das schon alles naturgegeben laufen würde. Muss ja. Ich wurde eines Besseren belehrt. Sowohl das Neugeborene in meinen Armen, als auch ich mussten das überhaupt erstmal lernen. Der richtige Winkel beim Anlegen, wie man es schafft, dass der Babymund alles richtig erwischt, überhaupt – die ganzen Stillpositionen. Einmal angelegt dauert das dann auch noch eeeeewig. Am Anfang konnte ich es kaum fassen (später hab ich die Zeit genutzt und ganze Bücher währenddessen verschlungen). Vor allem musste ich lernen, dass der Stillstart verdammt nochmal weh tut! Derbe Autsch! Und dass es fast drei Wochen gedauert hat, bis wir uns richtig eingegrooved haben.

Du dachtest, du kanntest Müdigkeit?

Was mich auch noch wirklich unerwartet abgewatscht hat: dieser krasse, nie dagewesene Schlafmangel. Der schockiert mich eigentlich bis heute noch. Nie wieder richtig schlafen zu können. Zumindest für sehr lange Zeit nicht. Unterbrochene Nächte? Normalzustand. Das Kind steht um 6 auf der Matte? Schön, dass er so lange geschlafen hat. Heute nehme ich das mit Humor und vielviel Kaffee. Damals hab ich Panik bekommen und Kaffee war wegen Stillen ja auch nicht wirkliche drin. Da war das natürlich auch noch ne Nummer härter.

Für mich persönlich am krassesten war aber diese Umstellung, ständig in Verantwortung zu sein, immer in Rufbereitschaft. Ein Stück meiner Freiheit zu verlieren. Versteht mich nicht falsch. Ich wusste, dass das der Deal ist. Ich hab mich darauf eingelassen und das, was ich dafür bekommen habe ist es um ein unzählbar Vielfaches wert. Trotzdem hat mich dieses “angehängt” sein Amt Anfang unerwartet heftig getroffen.

Mir ist die Decke auf den Kopf gefallen. Aber wie.

Eine Freundin, die vor Kurzem ein Baby bekommen hat, hat gerade zu mir gesagt, dass sie das nie so nachvollziehen konnte. Bis jetzt. Dass da gleichzeitig so viel Platz für Liebe im Herzen ist, dass man aber trotzdem nicht alles cool findet, was das neue Mamaleben bringt. Besonders nicht am Anfang, wenn am eigenen Körper nach der Geburt noch alles ziept und zerrt.

Das Ding ist aber – das muss man auch einfach nicht. Man muss nicht alles wunderbar finden und durch die rosa Brille sehen. Wenn es so ist: toll. Unter uns: ich kenne niemanden, bei dem der Start holperfrei lief.

Liebe neue Mamas, ich schreibe das, weil wir aufhören müssen, einen so unrealistischen, überhöhten Anspruch an uns zu haben. Man kann das eigentlich nicht oft genug sagen und schreiben.

Der Anfang ist in der Regel nicht leicht. Es ist ein neues Leben mit extrem anderen Umständen, als die unter denen wir vorher gelebt haben.

Vor allem ist da ein neues Menschlein, das uns vollkommen ausgeliefert ist und das wir ja eigentlich erst richtig kennen lernen müssen. Es ist eine zehrende, intensive Zeit, voller Sorgen, auslaufender Boobs, fettiger Haare, leerem Mamamagen und Müdigkeit. Verdammt viel Müdigkeit.

Liebe neue Mamas, ihr müsst nicht in allem perfekt sein und ihr müsst nicht jeden neuen Lebensumstand lieben. Euer Baby erwartet nicht von euch, dass ihr die Bilderbuch Mami aus der Pampers Werbung abgebt, immer mit einem seligen Lächeln auf den Lippen. Es erwartet Nähe,Wärme, Geborgenheit und Liebe.

Wenn ihr versucht, das so zu sehen, dann bleibt vielleicht auch mehr Raum um zu sehen, was die ersten Tage mit Baby auch sind und zwar ganze ohne schlechtes Gewissen oder enttäuschte Erwartungen:

ganz viel Zärtlichkeit, Kuscheln, übersprudelnde Momente des Glücks, milchig duftende Babyhaut, kleine zufriedene Säuglingsseufzer, Fingerchen, die sich zum ersten Mal um eure Hände schließen und und und…

 

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