Ein Freitag in Kreuzberg. Ich treffe Janina Waschkowski, Gründerin des nachhaltigen Premium Labels Nove. Die Mode von Nove ist für Schwangere gedacht – aber passt auch vor und nach der Schwangerschaft.
Heute will ich mit Janina darüber sprechen, wie es dazu kam, dass sie ein Label gründete. Wir haben uns in einer kleinen Bäckerei verabredet, ich bin zu spät und durchstreife mit den Augen den Raum. Janina steht auf und winkt mir zu. Inmitten des Kreuzberger Trubels wirkt sie ruhig und klar und offen. Dabei hat sie mit ihrem Modeunternehmen alle Hände voll zu tun.
Schwanger den Job verlieren: Für echte Gleichberechtigung muss noch viel passieren
Mum & still me: Liebe Janina, wie geht es dir, wie sind deine Eindrücke von der Premium, auf der du im Rahmen der Fashion Week als „Premium Young Talent“ gerade einen Stand hattest?
Janina: Mir geht es super! Die letzten Wochen waren aufregend und so voll, dass ich die letzten Tage etwas entspannter gearbeitet habe, um kurz Luft zu holen für die nächsten Schritte. Als Premium Young Talent 2020 ausgezeichnet zu werden, ist eine schöne Bestätigung für meine Idee hinter Nove und ich freue mich darüber sehr.
Mum & still me: Kommst du denn aus der Modebranche? Was ist dein beruflicher Hintergrund?
Janina: Kleidung hat in meinem Leben immer eine Rolle gespielt, beruflich habe bisher hauptsächlich im Human Resources Management im Kultur- und Lifestyle Bereich gearbeitet.
Mum & still me: Du mochtest deine Arbeit sehr – wie kam es denn zu der Entscheidung, etwas so krass anderes auf die Beine zu stellen?
Janina: In meiner ersten Schwangerschaft musste ich auf Umstandskleidung zurückgreifen, die aus minderwertigen Materialien gefertigt war – und schön waren die Teile leider auch nicht. Ich habe mich gefragt, warum es keine Kleidung gibt, die man einfach während der Schwangerschaft weiter tragen kann, und danach auch noch. Zum Stillen braucht man ja nochmal mehr Teile, die man gut vorne aufknöpfen oder anderweitig öffnen kann.
Mum & still me: Was gab Dir letztendlich den Schubser, das eigene Unternehmen zu gründen?
Janina: Eigentlich hätte ich meinen Job einfach weitergemacht, denn ich hatte große Freude an der Arbeit und dem tollen Team. Eine Beförderung war mündlich vereinbart und auf den nächsten Schritt habe ich mich richtig gefreut. Zeitlich fiel das mit meiner zweiten Schwangerschaft zusammen, und natürlich habe ich meine Chefin direkt informiert.
Ich bin niemals auf die Idee gekommen, dass das zu meinem Nachteil sein könnte – schließlich wurde ich im gleichen Unternehmen ein paar Jahre vorher eingestellt, als ich im 5. Monat schwanger war.
Meinen damaligen Chefs hatte ich im Vorstellungsgespräch direkt von der Schwangerschaft erzählt und wurde dennoch unbefristet eingestellt. Leider wurde die Beförderung zurückgezogen, mit der Begründung einer bevorstehenden Umstrukturierung. Unter vier Augen sagte meine Chefin mir allerdings, dass sie glaubt, man würde den Job mit zwei Kindern nicht schaffen. Da war ich echt sprachlos.
Job und zwei Kinder? Passt nicht zu einer Beförderung. Oder?
Mum & still me: Du hättest dich sicher auf einen Rechtsstreit einlassen können, da dir ja schon eine neue Stelle in Aussicht gestellt wurde. Ich verstehe, dass dir das hochschwanger und mitten im Umzug von A nach B zu viel wurde. Wie ging es dir zu dieser Zeit?
Janina: Ich habe es ihr nicht übel genommen, es zeigt einfach, wie viel noch passieren muss, damit Schwangere und Mütter in der Arbeitswelt nicht diskriminiert werden. Durch den Umzug, die Schwangerschaft und noch mit kleinem Kind war gar nicht groß Raum für negative Gedanken, ich habe die Energie lieber für etwas Positives genutzt. Und es hatte ja etwas Gutes: Ich war frei, und konnte mit meinem sechswöchigen entspannten Baby in der Trage zum Notar gehen und die Firma anmelden.
TIPP:
Kennt ihr schon den Blog https://www.smart-mama.de/ ? Die Rechtsanwältin Sandra Runge informiert dort fundiert über die Rechtslage rund um Mutterschutz, Elternzeit und Co. Seid ihr schwanger und gekündigt worden? Schaut unbedingt hier vorbei: https://www.smart-mama.de/mama-urteil-schwanger-gekuendigt-diskriminiert/
Mum & still me: Rückblickend: hättest du irgend etwas anders gemacht?
Janina: Nein, ich bin aber auch niemand, die im Konjunktiv zurückschaut – Ärmel hoch und weiter geht’s! Ich habe es ja selbst in der Hand, ob ich aus negativen Erfahrungen das Positive mitnehme.
Ich würde wieder direkt erzählen, dass ich schwanger bin – wir müssen an einen Punkt kommen, an dem es keine Rolle spielt ob jemand im Unternehmen Mutter oder Vater ist oder bald wird.
Da versuche ich auch stark zu sensibilisieren. Umgekehrt ist es nämlich auch oft so, dass die Leute beklatschen, dass ich Mama bin und ein Unternehmen habe – aber das sollte doch idealerweise einfach egal sein, oder?
Die Männer werden doch auch nicht gefeiert, wenn sie zuhause kleine Kinder haben und einen guten Job abliefern.
Sie stehen nachts genauso auf, und da wird es selbstverständlich genommen, dass sie weiter auch beruflich Vollgas geben (müssen).
Mum & still me: Wie geht es dir jetzt mit deinem Label?
Janina: Nove wachsen zu sehen, ist eine riesen Freude! Die Rückmeldungen sind super, die Kundinnen glücklich und die Presse berichtet durchweg positiv. Ich bin gerade wirklich glücklich, wie alles läuft.
Mum & still me: Für wen ist die Mode von Nove gedacht? Was macht deine Mode aus?
Janina: Nove ist für Frauen, die auf super Qualität Wert legen und nicht für eine Schwangerschaft ihren kompletten Kleiderschrank und ihren Stil ändern wollen. Es gibt in dieser aufregenden Zeit ja auch wirklich Wichtigeres, als sich über Kleidung den Kopf zu zerbrechen. Nove kann man schwanger tragen, in der Stillzeit, und darüber hinaus. Die Teile haben alle einen veränderbaren Teil, einen Gürtel, eine verdeckte Stofflage, oder einfach einen geschickten Schnitt mit dem man den Bauch entweder betonen oder etwas verdecken kann. Viele Frauen wollen den Bauch auch nicht immer zeigen, gerade im beruflichen Kontext. Und wenn man die hübsche Kugel doch mal betonen möchte, trägt man das Band eben etwas enger – die Nove Teile passen sich der Frau an, nicht umgekehrt. Das ist meine Vision von perfekter Kleidung.
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