Mensch vs. Natur?

29. Oktober 2024

Unser Lebensstil hat uns enorm von der Natur entfernt. Und ironischerweise ist das mit nie dagewesener Lebensqualität verbunden. Stichwort Convenience. Vom verarbeiteten Essen, bzw. überhaupt ganzjährig zugänglichen Nahrungsmitteln, über gepflasterte, betonierte Wege hin zu Medikamenten, Antibiotika und Co. Das ist Luxus.

Auf der anderen Seite werden wir als Gesellschaft immer kränker. Allergien, Asthma, psychische Erkrankungen – all das hängt mit unserer Distanz zur Natur zusammen. Dachte darüber letztens viel nach, nachdem ich über eine Doku auf arte über Mikroben gesehen hatte (klingt nerdy, ist aber extrem interessant. Wirklich! ➡️ „Die Macht der Mikroben“).

Schon alleine, dass ich Natur und Kultur begrifflich trenne – dabei sind wir als Menschen doch Teil der Natur. Oder nicht?

Die Doku zeigt eindrucksvoll, was es mit uns macht, ein paar Stunden durch den Wald zu laufen. Es pusht unser Abwehrsystem und reduziert im Gegenzug nachweislich Stress.

Wann hattest du zum letzten Mal die Hand voll Erde? Wann hast du zum letzten Mal feuchtes Moos berührt?

Entfremdung von der Natur

Im Wald merke ich selbst, wie distanziert ich mittlerweile bin, wenn ich nur 5 Minuten dort meditiere. Zu Anfang alles harmonisch, alles schön. Dann umfängt mich die Stille, ungewohnte, unbekannte Geräusche treiben plötzlich den Puls hoch: war da ein Tier?

Als ob sich ein Tier ernsthaft in meine Nähe wagen würde. Sie verbergen sich vor uns, haben ihre Aktivität weitestgehend in die Stunden verlegt, in der in der Regel keine Menschen in ihrem Habitat zu erwarten sind. Pilzsuchezeit = Albtraum für Waldbewohner.

Nie werde ich vergessen, wie ich versuchte einmal eine Nacht auf einem Berg nur im Schlafsack ohne Zelt zu verbringen. Ich hab kein Auge zu getan – aus Angst für Spinnen und Insekten, die womöglich meine Wärme im Schlafsack gut finden könnten.

Also: auch ich bin nicht so naturverbunden, wie ich es gerne wäre.

Selbstzerstörung

Aber ich merke, dass ich den Wald brauche. Die Farben, die Luft, das Licht. Mich erfüllt wirklich eine tiefe Sehnsucht, wenn ich länger nicht „draußen“ war.

Und es schmerzt mich tief, wenn ich sehe, wie wir uns selbst unserer Lebensgrundlagen berauben.

Gerade gestern hörte ich auf Deutschlandfunk, dass es ökonomisch eine Katastrophe wäre, würden wir unsere Biodiversität verlieren. Und auch, dass die Klimakrise wirtschaftlich absurd hohe Schadenssummen mit sich bringen wird, ist traurigerweise ja längst keine Neuigkeit mehr. Ich frage mich aber: reicht es denn nicht schon, dass wir als Spezies uns dem berauben, was uns gut und gesund leben lässt?

Vielleicht ist das Problem, dass das zu weit weg erscheint. Dass die Folgen von Klimakrise und Artensterben so absurd extrem erscheinen, dass sie in die Welt der Fiktion geschoben werden. So nach dem Motto: das kann doch alles nicht ernsthaft passieren, so schlimm wird es schon nicht. Vielleicht gelingt es uns erst dann gegenzusteuern, wenn die Katastrophe längst eingetreten ist. Und vielleicht ist der potenzielle Verlust unseres industrialisierten Wohlstands ein größeres Schreckensbild als Hitzetote. Ich weiß es nicht.

Manchmal macht mich das wirklich traurig. Ich wünsche mir dann, wir könnten die Chancen sehen. Und den Mut beweisen, Natur und Mensch mit dem Wissen und den Entwicklungen der heutigen Zeit zusammen zu bringen. Das geht ja. Kreislaufwirtschaft, Naturschutzgebiete ausweiten, klimaneutrale Energieerzeugung und so weiter. Ist ja nicht so, als müsste man die Lösungen erst erfinden. Und klar: das ist anstrengend und so eine Rundummodernisierung wird Vielen einiges abverlangen. Sie wird kosten.

Aber … ist der Preis unserer fortlaufenden Selbstzerstörung nicht um ein Vielfaches höher?

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