“Hach, du hasts gut, ich würd ja auch schon jetzt gerne nach Hause gehen,” seufzen die Kolleg*innen, wenn ich um halb 2 meine Tasche packe um mich auf den Weg nach Hause zu machen. Ich kann sie ja verstehen. Die Vorstellung von einer Muddie Teilzeitarbeit ist wahrscheinlich, dass ich Kaffee schlürfend in der Sonne sitze und mich vom Büro Trubel erhole, während das niedliche Kind brav am Tisch sitzt und malt oder sich selbst aus einem Bilderbuch “vorliest”. Klar. Es gibt Nachmittage, an denen habe ich tatsächlich mal ein Stündchen Entspannung, das Kindelein ist beschäftigt und fröhlich und ich quatsche in Ruhe mit einer Freundin oder trinke meinen Kaffee. Außerdem ist es wirklich bereichernd, Zeit mit dem kleinen Bübchen zu verbringen. Jedes Mal, wenn ich ihn aus der Kita hole, freu ich mich so sehr auf ihn. Aaaaaber.
Die Wahrheit über den “frühen Feierabend”
Es mag zu Herzen gehen, Zeit mit einem kleinen Kind zu verbringen. Es ist unterhaltsam, manchmal kuschlig und immer lehrreich für mich. Aber eines ist es nicht: erholsam. Das ist okay, ich verlange das auch nicht. Ich glaube nicht, dass jemand ohne Mini das so wirklich nachvollziehen kann. Wie auch? Ich kanns ihnen nicht verübeln.
Ganz ehrlich: wenn mir früher ne Neu-Mami gesagt hat, sie wisse nicht, wann sie Zeit zum Duschen finden solle, hab ich mir auch meinen Teil gedacht. Dann weint das Baby eben eine Minute. So what? (Oh, ich wurde eines Besseren belehrt. Weinen? Unerträglich! Auf keinen Fall!)
Sieht man die sonnenbebrillten Muddies nicht ständig strahlend ihre Designer Kinderwägen durch die Gegend schieben, in einer Hand den Kaffeebecher festgewachsen? Die habens gut, hab ich mir auch gedacht. Immer am Spazieren, in der Sonne, ein Käffchen dabei. Jetzt weiß ich: die Sonnenbrille dient mitunter nicht nur als Sonnenschutz, sondern versteckt auch die Augenringe von den schlaflosen Nächten. Der Kaffee macht plötzlich ebenso kausal Sinn. Und ich erinnere mich: in der ersten Zeit war ich soooo müde, aber der kleine Säugling wollte nur schlafen, wenn ich ihn rumgetragen hab oder er im Kinderwagen lag. Und so spazierte und spazierte ich, in Gedanken in meinem weichen Federbett…
Das ist der andere Teil des Tages
Mit Kleinkind ist das alles schon ein bisschen einfacher, die Nächte werden besser und ich liebe es, dass ich jetzt mit Noah reden kann und wir aktiv interagieren können. Und trotzdem ist es keine Erholung, keine “Freizeit”. Mit mindestens einem Auge, mindestens einem Ohr ist man immer beim Kind. Treffe ich Freund*innen kann ich mich nicht auf ein vernünftiges, tiefes Gespräch konzentrieren. Ich versuche es. Ich will es wirklich. Aber mit einem Teil meiner Sinne bin ich bei meinem Kind. Das ist meine Aufgabe und es ist die beste Aufgabe der Welt, keine Frage. Dazu kommt für mich, dass ich zuhause das Gröbste aufräume, Wäsche mache, wenn es sein muss, einkaufen gehe, das Abendessen vorbereite – na Hausarbeit eben. Und abends, wenn der kleine Mucki eingeschlafen ist, dann sinke ich vollkommen platt aufs Sofa und bin für nicht mehr viel zu gebrauchen.
Auch wenn es für manche auf den ersten Blick manchmal vielleicht nicht so sichtbar ist: Für Teilzeit Mamis ist der Job nach einem halben Tag Büro nicht getan. Nicht im geringsten. Ich konnte es mir beim letzten Mal “Och, du hast es jetzt gut” nicht verkneifen, meinen Kolleg*innen zu erklären, oder es zumindest zu versuchen, dass mein Tag nicht rum ist, wenn ich um halb 2 meine Tasche im Büro packe. Ich meine das nicht böse. Und ich will wirklich nicht jammern. Aber irgendwie hat es mich auch gestört, dass es vielleicht manchmal so wirkt, als wäre meine zweite Tageshälfte Urlaub. Und soll ich was verraten: manchmal ist es sogar umgekehrt, gefühlt. Wenn das Sommerkind gerade eine schwere Phase hat, wenn ich ihn scheinbar nie zufrieden stellen kann, wenn er sich nur über mich ärgern muss und zornig auf dem Boden trotzelt – dann tut der halbe Tag Büro, “für mich alleine sein”, in Ruhe einen Kaffee trinken verdammt gut.
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